Streitpunkt Wasserkunst
Zum Nutze oder nur Zier?
Es stellt sich die Frage, wer die Wasserkunst eigentlich erbaut hat? Philipp Brandin legte den Entwurf für die Wasserkunst , einen „stenern Kasten“ 1579 vor. Er bekam 200 Taler Anzahlung. Der Stein sollte aus Gotland geliefert werden. Da der Kunstmeister fürchtete, dass dieser entzwei bricht, erklärte Brandin sich bereit, die Wasserkunst zu unterhalten. Es kam zu Streitigkeiten zwischen der Bürgerschaft und dem Stadtrat. Für die Vollendung des Bauwerks wurde kein Geld zur Verfügung gestellt. Brandin drohte eine Entschädigung zu verlangen, wenn er nicht mehr gefördert würde. 1581 wurde kein Stein gesetzt. Verhandlungen über den Weiterbau der Wasserkunst verliefen erfolglos. 1590 trat Brandin Steine für ihm vorgeleistete 200 Taler ab. Der Kasten sollte inwandig mit Grabsteinen ausgekleidet werden. Die Kosten schätzte man auf 600 Taler.
Streitigkeiten bezüglich der Finanzierung verzögerten den Bau. ⅓ Mehrkosten wurden für den Kasten veranschlagt, der höchstens 20 Jahre hielte. Der damalige Bürgermeister, Hinrich Schabbell, rechnete mit 1000 Talern, da die notwendigen Steine nicht da waren. Der Bürgermeister bestellte die Steine bei Gotland. Diese lagen dann ungenutzt vor Ort und verärgerten die Bürger. Die Gemeinde gab weitere 100 Taler dazu. Nach einer erneuten Beschwerde verärgerter Bürger verweigerte man die Auszahlung der nötigen Summe, um den Bau zu beenden. Trotzdem wurde der Bau, dank des Rates, endlich begonnen. Die Bevölkerung murrte und argwöhnte, dass die Wasserkunst nur zur Zierde da war. Sie schien nicht zweckdienlich zu sein.
1594 erklärte sich der Bürgerausschuss mit dem Bau der Wasserkunst einverstanden, in dem Jahr, in welchen Brandin starb. Somit ist unklar, wer 1595 und 1596 die Bautätigkeiten an der Wasserkunst übernahm. 1596 fehlten ungefähr 1000 Steine. 1600 beschloss der Rat, die Wasserkunst nicht fertig zu bauen, da die fehlenden Steine nicht in der nötigen Qualität gebrannt werden konnten. Am 11. Septemberr 1600 findet sich eine Notiz zu einer Besprechung zwischen dem Rat und einem unbekannten Steinmetz darüber, wie der Bau zu verlaufen habe. Aus der Stadtabrechnung am 19. Dezember 1601 zu ersehen ist, dass es sich um den Lübecker Meister Heinrich Dammert handelte.
„Heinrich Dammert, steinwirkern von Lubeck, auff rechnung zu verfertigung des arbeits, so an dem sterinen wasserkasten zu verfertigen. laut der quitung den 19. Decembris ao. etc. 1601.“ (Techen: Die Wismarsche Wasserkunst und Meister Heinrich Dammert. In: Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. S.63)
Am 11. August 1602 bat der Rat Herzog Ulrich in einem Schreiben an den König von Dänemark, das Verbot gotländische Steine nach Wismar zu verschiffen, aufzuheben. Diese würden für die Wasserkunst benötigt. Das tat er, nachdem eine Schute gezwungen war, ohne Steine nach Wismar zurückzukehren. 1602 wurde der Bau der Wasserkunst beendet. Nachweislich hierfür ist die Inschrift an der Wismarer Wasserkunst.
Vom verstorbenen Baumeister und der Architektur
Der Erbauer der Wasserkunst
Philipp Brandin wird die Wasserkunst im Allgemeinen zugeschrieben. Friedrich Techen (1859-1936) bezweifelte den Bau durch Philipp Brandin und schrieb ihn dem Lübecker Meister Heinrich Dämmert zu. Philipp Brandin verstarb bereits 1594, bevor der Bau der Wasserkunst offiziell begonnen wurde. Dämmert, wurde in den Rechnungsbüchern von St. Petri im Bezug auf Bau- und Kunstdenkmäler von Lübeck genannt. In einem wismarschen Protokoll wird in der Bestallung des Lübecker Rates bezeichnet. Mitgearbeitet haben Steinmetze, Maurer und Dachdecker. Die Ausgaben flossen in gotländische Steine, Bauholz, Mauer- und Backsteine, Dielen und Bretter.
„Nix und Nixe“
An der Ostseite der Wasserkunst finden sich zwei Bronzefiguren, die als Wasserspeier fungieren. Im Volksmund wurden sie „Adam und Eva“, „Nix und Nixe“ oder „Frauloch und Mannloch“ genannt. 1861 installierte sie Heinrich Thormann. Die bronzenen Originalfiguren wurden 1897, als der neue Wasserturm die Wasserkunst ablöste, entfernt und ans stattgeschichtliche Museum, dem „Schabbellhaus“ übergeben.
Die Architektur der Wasserkunst
Die Pläne für die Wasserkunst schuf Philipp Brandin. Die Wasserkunst ist zwölfseitig in Tempelform nach dem Vorbild italienischer Renaissance gebaut. Der Pavillon wird von zwölf männlichen und weiblichen Hermenpilastern, ursprünglich aus Sandstein, gegliedert. Auf ihnen ruht die glockenförmige Haube aus Kupfer.
Die sechseckige Laterne ist besonders gestaltet wie der Pavillon und wird von Hermenpilastern, früher aus Holz, getragen. Über dem Eisengitter befinden sich Spruchplatten, die in goldener Schrift den lateinischen Text wiedergeben, der von der Trinkwasserversorgung früherer Zeiten spricht. Unter dem Eisengitter befindet sich die deutsche Übersetzung.
Auf Wikipedia findet ihr eine Querschnittszeichnung, von einem Rekonstruktionsvorschlag der Wasserkunst aus dem Jahre 1858. Es handelt sich um eine Variante mit offenem Rundbecken, die nicht realisiert wurde.
Zwischen 1860 und 1861 wurde die Wasserkunst wegen Abnutzungserscheinungen restauriert. Ein weiterer Grund für die Restauration war die zu kleine Beckengröße. Die Leitung der Arbeiten hatte Heinrich Thormann inne. Nachdem die Holzrohre durch Gusseiserne ersetzt wurden, ließ dieser die Wasserkunst auf einen Sockel setzen und mit Rasen verzieren. Das Institut für Denkmalpflege Schwerin unterstützte eine umfassende Restaurierung von 1966 bis 1976.
Die Steinarbeiten unterstützte der Schweriner Bildhauer Rolf Lange, seine Familienangehörige Siegfried, Dietmar und Ingrid Lange, sowie Hannelore Colmsee. Dazu zählen ein Klempnermeister Zelder aus Schwerin, der Holzbildhauer Figurski aus Güstrow, der Wismarer Schmiedemeister Heinrich Schoknecht und andere Fachleute. Thormann platzierte unter den beiden Bronzefiguren „Nix und Nixe“, welche er hinsetzte, einen Hoch- und einen Tiefbehälter. Erneut fand eine Restauration von 1966 bis 1976 statt.
Zwischen 1972 und 1976 wurden am Kupferdach, an den Spruchplatten, sowie am Dachreiter weitere Restaurationsarbeiten durchgeführt. Alle Sandsteindetails und die hölzernen Teile der Laternen wurden durch Kopien ersetzt. 1998 fand der neueste Restaurationseingriff an den Wasserspeiern „Nix und Nixe“ statt. Die sechsseitigen Laternen auf der Wasserkunst entsprechen denen auf dem Dachreiter vom Leichenhaus von St. Petri. 1998 wurde die Wasserkunst das letzte mal ausgebessert. Dabei wurde von Nix und Nixe eine Kopie angefertigt und diese aufgestellt.
Originally posted 2017-07-04 11:07:47.
comments title