Innerstädtische Konflikte entstanden vor allem durch soziale und machtpolitische Gegensätze in Wismar.
Innerstädtische Konflikte
Anfang des 15. Jahrhunderts vergrößerte sich die wirtschaftliche Macht nichtpatrizischer Kaufleute und wohlhabende Handwerker. Grund dafür war der Aufschwung durch die Vormachtstellung der Hanse im Ostseeraum. Die Unzufriedenheit der Bürger mit dem patrizischen Stadtregiment steigerte sich. Der Stadtrat hatte die Alleinherrschaft und schränkte die Mitbestimmung der Bürger ein, welche diesen nach lübischem Recht Zustand. Ratsbeschlüsse wurden in Form der Bürgersprache bekannt gegeben. Wohlhabende Bürger verlangten nach politischer Mitbestimmung. Dies führte zu einer innerstädtischen Auseinandersetzung. Nichtpatrizischer Kaufleute und Handwerker bildeten eine bürgerliche Opposition. Sie erhielten Unterstützung von den plebejischen Schichten.
Die bürgerliche Opposition
1409 kam es in Lübeck einen wendischen Verfassungskonflikt. 1410 griff dieser auf Wismar und Rostock über. Die bürgerliche Opposition Wismars stand gegen die patrizischen Ratsherren. Die Bürger forderten die Beseitigung der redlichen Mißwirtschaft bei der Finanzverwaltung und dem städtischen Vermögen. Die oppositionellen Kräfte teilten sich in einen radikalen und einen gemäßigten Flügel.
Der neue Rat
Als Folge dieser Konflikte strukturierte man den Rat um. Die Mitgliedszahl vergrößerte man. Nach lübischem Recht besetzten mehrere Handwerksmeister einige Ratsämter. Die oppositionellen Kräfte führte der Wollenweber Claus Jesup an, der von 1411-1413 das Amt des Bürgermeisters von Wismar innehatte.
Der Bürgerausschuss
Dem Rat gleichberechtigt, bildete man einen Bürgerausschuss von 60 Mitgliedern. Im Bürgerausschuss fanden sich Vertreter von Kaufleuten, Händlern und Handwerkern. Der Ausschuss wirkte bei der Beratung und beim Fassen von Beschlüssen von Ratsverordnungen und der Rechtsprechung mit.
Die Ratsentmachtung
1416 entmachtete der mecklenburgische Herzog den Rat und erzwang von den Ratsherren der meisten Hansestädte die Wiedereinsetzung des alten Rates und das Wiederinkrafttreten der reaktionären Ratsverfassung.
Statuten gegen Unruhen
Im Sommer 1418 beschloss das hanseatischen Bündnis Statuten zur Verhinderung von Bürgerunruhen. Die Unzufriedenheit mit dem patrizischen Regiment lebte wieder auf. Im Herbst 1427 kam es zu innerstädtischen Kämpfen.
Erneuter Aufruhr
Seit 1426 befanden sich die wendischen Hansestädte im Krieg mit Dänemark. Die Kriegskosten stiegen und den Großteil der Stadtbevölkerung belastete man mit horrenden Kosten. Die Unzufriedenheit verschärfte sich. Nach der Niederlage der Streitmacht vor Flensburg und der verlorenen Seeschlacht im Sund sowie dem Verlust der Wismarer Schiffe in der Baienflotte erhob sich die bürgerliche Opposition unter Claus Jesup erneut. Die Opposition prangerte die Unfähigkeit des patrizischen Rates an und beschuldigte ihn des Stadtverrates. Bei den folgenden Auseinandersetzungen erzwang man die Bildung eines neuen Bürgerausschusses von 36 Mitgliedern. In diesem dominierten die Kaufleute.
Der gemäßigt Bürgerausschuss
Der Bürgerausschuss forderte keine neue Ratswahlordnung oder eine Beschränkung rätlicher Macht. Deswegen ersetzte man ihn durch einen 60er-Ausschuss. Die Anzahl der Handwerksmeister stieg im Ausschuss an. Kaufleute und Händler bildeten dennoch das Übermaß. Der neue Bürgerausschuss zielte auf eine Änderung der städtischen Machtverhältnisse ab. Die plebejischen Schichten unterstützten ihn.
Der Rat 1428
Der radikale Flügel der Opposition drang darauf, einen neuen Rat zu konstituieren, was am 11. Januar 1428 geschah. In diesem Rat fanden sich 16 Kaufleute und Brauer sowie 18 Handwerksmeister.
Die Bürgermeister von Wismar
Claus Jesup bekleidete 1428 erneut das Amt des Bürgermeisters. Innerhalb von Wismar gab es zu dieser Zeit 4 Bürgermeister. Der Ratsherr Hinrik van Haren und der Bürgermeister Johann Bantzekow hatten sich verschiedener Verfehlungen schuldig gemacht. Man enthauptete sie am 18. November 1427 auf dem Markt. Die reaktionären Kräfte in Rat und Bürgerausschuss versuchten die Bestrafung zu verhindern. Auf dem Markt von Wismar findet sich noch heute eine Steinplatte, die daran erinnert.
Alte Kräfte an die Macht
Der radikale Flügel hatte im Kampf gegen die patrizische Oberschicht in Wismar Erfolg. Der alte Rat gewann nach einiger Zeit aber wieder seine Machtposition zurück. Vertreter fanden sich im neuen Rat und im Bürgerausschuss wieder. Die Oppositionsbewegung bemühte sich um eine Verbindung mit Bürgern, Kaufleuten, Brauern, reichen Händlern und Schiffern. Wieder bildete sich ein Gegensatz zur plebejischen Opposition heraus. Die Ämter nahmen die Plebejer politisch nicht wahr. Dieser Bruch schwächte die bürgerliche Opposition stark.
Der Krieg gegen Dänemark und seine Auswirkungen
Der Rat setzte den Krieg gegen Dänemark mit allen Konsequenzen fort. Steuern wurden erneut erhöht, die Bierakzise stieg und die Bevölkerung war gezwungen immer mehr Geld abzugeben. Der Krieg gegen Dänemark diente vor allem der Sicherung der Handelsinteressen von Kaufleuten und Brauern. Dadurch kam es wieder zu starken Gegensätzen in den sozialen Schichten. Die Bürger Opposition erfuhr eine herbe Niederlage.
Die Absetzung des Rates
Am 19. März 1430 setzte Herzogin Catharine von Mecklenburg die neuen Rat ab. Die 17 noch lebenden Mitglieder des alten Rates erhielten ihre Ratsämter zurück. Der bestehende Bürgerausschuss wurde aufgelöst. Der patrizisch Rat erließ eine neue Verordnung welche die Rechte der Ämter verringerte. Dies geschah im Einvernehmen der Hanse und der Herzogin. Die Bürgeropposition erfuhr eine Niederlage und die patrizisch eine Ratsherrschaft festigte ihre Machtposition. Damit war die Macht der feudalen Landesherren vor erst gesichert.
Die frühbürgerliche Revolution
In der frühbürgerlichen Revolution stellte sich das Volk gegen die bestehende Feudalordnung. Der Kampf ging gegen die reaktionäre Papstkirche. Das Bürgertum tat sich mit den oppositionellen Kräften zusammen sowie den ausgebeuteten Bauern und stellte sich gegen weltliche und kirchliche Feudalmächte. In der frühbürgerlichen Revolution ging es um den Kampf für die Durchsetzung einer reformierten Lehre und die Wiedertäuferbewegung. Es kam zu innerstädtischen Auseinandersetzungen zwischen bürgerlicher und plebejischen Opposition und der patrizischen Ratsherrschaft.
Reformation und Revolution
Die patrizische Oberschicht stützten der katholische Klerus und die katholische Lehre. Die frühbürgerliche Revolution erschütterte den Einfluss des patrizisch in Rates in Wismar. Im 15. Jahrhundert stellten sich die Mittel- und Unterschicht in Wismar gegen das patrizische Stadtregiment. Es kam zu einer Verschärfung der sozialen und politischen Gegensätze. Noch mehr geschürt wurde das Ganze durch die Reformationsbewegung, die den religiösen Konflikt mit hineinbrachte. Die Reformation traf bei der bürgerlichen und plebejischen Opposition in Wismar auf fruchtbaren Boden. Sie wurde zur Möglichkeit für diese, ihre politischen Ziele zu erreichen. Die bürgerliche Opposition hatte in der Stadt an Einfluss gewonnen und dem patrizisch Rat war es nicht möglich gegen reformierte Lehre und Prediger vorzugehen.
Quelle: Vgl. Rat der Stadt Wismar (Hrsg.): Wismar 1229-1979. Beiträge zur Geschichte einer Stadt. Rostock 1979.
Originally posted 2018-09-07 14:10:00.